Schärfere Strafbemessung nach dem PBefG versus Deregulierung

Rechtsfragen rund um das Taxi
Antworten
Benutzeravatar
Otto
Beiträge: 19369
Registriert: 05.05.2004, 15:06
Wohnort: Oldenburg

Schärfere Strafbemessung nach dem PBefG versus Deregulierung

Beitrag von Otto »

Was mich zunehmend stört, ist, daß wieder nur von Taxen gesprochen wird, obwohl es "PBefG" heißt und auch für Mietwagen gilt. Auch der Bundesrat scheint nicht zu wissen, wovon und für wen er spricht. Sind halt auch nur Berufspolitiker, die mit der Alltagsrealität nicht mehr viel zu tun haben:
"Weiter haben sich manche Taxenfahrer auf systematische Bereitstellung außerhalb gekennzeichneter Taxenstände verlegt; sie entziehen damit den ordnungsgemäß am Taxenstand wartenden Fahrern Kunden und erzielen erhebliche Umsatzsteigerungen. Dem Unternehmer seitens der Genehmigungsbehörde anzudrohen, seine Genehmigung zu widerrufen, wenn er dem jeweiligen Fahrer nicht Einhalt gebiete, führt meist nicht zum Erfolg, da der Unternehmer dann oft den Fahrer entlässt, der Fahrer aber schnell eine Anstellung bei einem anderen Unternehmer findet und seine Verstöße fortsetzt." — http://www.derinnenspiegel.de/taxinews/ ... desrat.php
Man muß sich diese schwammigen Formulierungen nur mal auf der Zunge zergehen lassen: "wenn er dem jeweiligen Fahrer nicht Einhalt gebiete" — wenn die entsprechenden Fahrer bekannt wären, wäre es Sache der Aufsichtsbehörde, diesen den Personenbeförderungsschein zu entziehen, um sicherzustellen, daß die Verstöße nicht bei anderen Firmen fortgesetzt werden. Dem Unternehmer ist es letztlich egal, wie die Kohle reinkommt.

Klingt aber doch irgendwie nach "Loft" und oldenburgischen Verhältnissen:
http://www.derinnenspiegel.de/dis/pics/ ... r_city.php — wo:
"(…) einige Mietwagenfirmen offensichtlich permanent gegen die Rückkehrpflicht verstoßen und ständig vor einigen Diskotheken ihr Zelt aufschlagen. Die zuständige Behörde der Stadt Oldenburg hat trotz anderslautender Schreiben an Taxi- und Mietwagenunternehmer offensichtlich längst resigniert. O-Ton eines Mitarbeiters: “Um eventuellen langwierigen Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen, gehen wir davon aus, daß Taxen und Mietwagen in der Regel ein Anliegen haben und lassen sie daher unbehelligt.”" – http://www.derinnenspiegel.de/taximagaz ... derfgz.php
Wenn man das alles einmal konsequent durchdenkt und wenn man davon ausgeht, daß grundsätzlich Gewerbefreiheit herrschen soll (und nach der von Black Knight vertretenen neoliberalen Ideologie sowie der Dienstleistungsrichtlinie der EU–Kommission soll das so sein, weil nur der Markt die Dinge richten kann), dann sollte man das bisher regulierte und vor unlauterer Konkurrenz geschützte Taxigewerbe doch auch gänzlich freigeben. Warum paßt man die Gesetzeslage nicht der Realität an, wenn doch der umgekehrte Weg, der Versuch, die Realität den Gesetzen anzupassen, augenscheinlich nicht funktioniert?

Angesichts der Entwicklung und Geschichte des Mietwagenwesens in Oldenburg ist doch diese Warteliste, auf der Leute seit Jahrzehnten auf eine Taxikonzession warten, ein Anachronismus, wenn auf der anderen Seite Mietwagenkonzessionen gar nicht beschränkt werden können.

Und warum gibt es überhaupt einen vorgeschriebenen Taxitarif? Weg mit dem Taxameter, sage ich. Ich mache in Zukunft meine Preise wie die Mietwagen selber! Kommt man sowieso besser bei weg, wie mir die Kollegen ohne Sitzkontakte und Zwangseinschaltung erzählen.

Weg auch mit den anderen Beschränkungen. Dann stehen wir vor jeder Kneipe in der FGZ und anderswo und brauchen auch keinen Stand Waffenplatz mehr. By the way, scheint mir in den kommenden Wochen und Monaten eh' das Vernünftigste zu sein.

Und schließlich, warum darf in den Zeiten der Globalisierung und der freien Märkte nicht jeder mit seinem PKW Personenbeförderung betreiben? Weg mit den Gilden und Zünften, Schluß mit dem Mittelalter!
Verännern mutt sien, sä de Düvel, do streek he sien Steert gröön an.

"In der Lebenswelt gibt es drei Kategorien, das Essbare, das Kopulierbare und das Gefährliche"

"Mir gefällt Ihr Benehmen nicht."
"Macht nichts. Ich verkauf's ja nicht."
Benutzeravatar
jr
Beiträge: 10012
Registriert: 05.04.2004, 08:06
Wohnort: Oldenburg

Beitrag von jr »

Die aufgeführte Begründung für den Bundesratsantrag stammt aus Hamburg und gründet damit natürlich auch auf den speziellen dortigen Verhältnissen. Was nicht heißen soll, daß man das nicht auf andere Orte übertragen kann.

Auch wenn es gerade bei Dir ein wenig nach Resignation klingt, so bleibt doch festzustellen, daß für einen unvoreingenommenen Betrachter die Dinge nicht so recht zusammenpassen. Strafbemessung hoch - aber nur die Taxen im Auge haben. Tarife fest - aber de facto macht fast jeder was er will. Konzessionen begrenzt - aber MW frei verfügbar, auch wenn sie taxigleich eingesetzt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat die Übertragung von Konzessionen nur mit Magenschmerzen weiterhin erlaubt (bei bestehendem Kundenstamm - auf dem Land - sei es nachvollziehbar, bei überwiegender Zufallskundschaft - in der Stadt - läge dagegen eher kein schützenwertes Gut vor) - doch an jeglicher Warteliste vorbei wird gehandelt wie eh und je.

Daß ein kleines bißchen Markt nicht immer schaden muß, sieht man an den freien Städten wie Hamburg, Berlin aber auch Neumünster: Die Lage im Gewerbe ist schlecht - die Zahl der Konzessionen - als Ausgleich - automatisch rückläufig. In Städten wie München oder Düsseldorf, wo ein seit vielen Jahren gleiches Limit gilt, bleibt die Zahl gleich und paßt sich nicht an.

Wie gesagt: Wie soll ein Außenstehender das verstehen? Wo wir uns selbst schon schwer genug damit tun. So weht der Wind doch zwangsläufig klar für die Liberalisierer.

Aber all diese Dinge ändern nichts daran, daß spätestens dann Grenzen zu ziehen sind, wenn Unbeteiligte mehr als unumgänglich belästigt oder beeinträctigt werden. Das Befahren der FGZ gehört klar dazu. Und nach der BOKraft ist der Unternehmer auch dann verantworttlich, wenn er nicht selbst am Steuer sitzt. Er hat die Fahrer entsprechend zu belehren. Wenn die "Aufsichtspflicht" nicht genügend wahrgenommen wird, dann muß er eben die Konsequenzen ertragen. Darum geht es bei der Strafbemessungsgeschicht u.a. auch.
Antworten