jr hat geschrieben:Das Prinzip, was Lokführer und Ärzte verfolgen, ist das Ende von Solidarität.
....
Das hat im übrigen recht wenig mit der Höhe des Lohns zu tun.
Sorry, da kann ich nicht so ganz folgen.
Auch Otto muss ich wenigstens ein Stück weit widersprechen :
Die Lokführergewerkschaft fordert so wie ich das verstanden habe eben nicht bummelig 30% mehr,
diesem oberflächlichen Rechenkunststück von Herrn Mehdorn sollte man wohl lieber nicht einfach so folgen.
Selbst wenn da angesichts eines beneidenswert hohen Organisationsgrads und einer rein technisch soliden Arbeitskampfbasis
(insoweit also schon ein wenig den Ärzten vergleichbar) vielleicht wirklich solche massiven Lohnerhöhungen durchsetzbar
sein könnten darf man nicht übersehen daß es offenbar um etwas viel wichtigeres geht,
nämlich in der Hauptsache zweierlei :
Erstens einen soliden Einstiegslohn für einen technisch und ausbildungsmässig ganz besonders anspruchsvollen Beruf
(es kann wohl kaum angehen daß etwa angelernte Busfahrer teilweise deutlich besser verdienen -
Kollegen also in einem Bereich in dem in Deutschland arbeitgeberseitig seit Jahren von der Forderung und Förderung
einer soliden Berufsausbildung überhaupt keine Rede mehr sein kann

) -
insbesondere einen soliden Einstiegslohn von dem eine Familie dann auch tatsächlich leben kann ohne zusätzliche Sozialleistungen...
Nicht zuletzt betonen die Vertreter dieser Gewerkschaft völlig zu Recht daß sie über viele Jahre hinweg eine Reallohnsenkung bekommen haben.
Zweitens bessere Arbeitsbedingungen was Arbeits- und Schichtzeiten und ähnliche nicht zuletzt sicherheitsrelevante Bereiche angeht.
Speziell beim früheren Staatsbetrieb Bahn geistern noch immer Sonderregelungen herum daß mir bei Details das Grausen kommen kann.
Wenn ich beispielsweise lese daß Zugführer der DB "Lenkzeiten" von sechs Stunden ohne Unterbrechung haben dürfen
und ich das mal oberflächlich mit den Regelungen im Straßenverkehr vergleiche
dann habe ich das Gefühl daß dieses Staatstheaterunternehmen sich bis heute eine verdammte Menge Regeln offenbar unbelastet von
irgendwelchen überfälligen politischen Einmischung von außen (nicht zuletzt auch auf europäischer Ebene) munter selber schnitzen kann.
JRs Befürchtung einer vollkommen unübersichtlichen Zersplitterung der Tarifvertragslandschaft ist zwar berechtigt -
das ist aber seit vielen Jahren traurige deutsche Realität.
Nach Angaben meiner eigenen Gewerkschaft (ver.di) bestehen z.B. alleine für den Bereich der Busfahrer in Deutschland aktuell mehr als 1000 Tarifverträge.
Und diese Tarifverträge erfassen trotz dieser hohen Zahl noch nichtmal alle Kollegen, d.h. viele Fahrer arbeiten ausserhalb einer Tarifbindung.
Wenn es da im Einzelfall gelingen kann
(in Bereichen bei denen die Arbeitgeberseite halt besonders gekniffen und abhängig ist, siehe etwa die Fluglotsen)
zu wegweisenden soliden Tarifverträgen zurückzukommen dann halte ich das durchaus für einen Schritt in die richtige Richtung.
Meine Unterstützung (sprich : "Solidarität"

) hat in dem Konflikt auf jeden Fall in erster Linie diese Lokführergewerkschaft -
das was ich von ihren Forderungen bislang mitbekommen und verstanden habe überzeugt mich absolut.
Wenn da bei der DB notfalls wochenlang eine verdammte Menge Räder stillstehen sollte wäre das jedenfalls ein hinnehmbarer Kollateralschaden
Nebenbei bemerkt würde - um die Kurve zum Taxengewerbe zu kriegen - eben dieses Gewerbe darunter wohl kaum besonders leiden,
eher dürften da statt vieler kleiner kurzer Bahnhofszubringertouren doch wohl bei etwas Geschick eher lukrativere Bahn-Ersatztouren winken
